Von VfR bis FC Union: Etappen eines Niedergangs 

Abstiege, Pleiten und Affären im
Heilbronner Fußball

Insgesamt acht Jahre spielte der VfR Heilbronn in der zweithöchsten Spielklasse. Auf die kurzen Abenteuerausflüge in den Spielzeiten 1956/57 und 1962/63 in die Zweite Liga Süd folgte 1969 der Aufstieg in die Regionalliga Süd, die damals zweitklassig war. Schön war die Zeit bis zum Abstieg aus der neugegründeten 2. Bundesliga Süd am 15. Juni 1975: Die Spiele gegen 1860 München, den 1. FC Nürnberg, den Karlsruher SC oder den FC Augsburg (mit Helmut Haller) lockten bis zu 18.000 Zuschauer ins Stadion. Es waren goldene Zeiten. Mit einem 3:3 vor 2000 Zuschauern zu Hause gegen Augsburg endete die zweitklassige Zeit. Von nun an ging's für den 1896 gegründeten Verein bergab, Jahr für Jahr ging der goldene Glanz verloren. Die Grafik verdeutlicht den Niedergang.

Der Abflug beginnt

Es geht runter für den VfR, mal wieder hoch, lange Zeit ist die Oberliga nach der Zweitligazeit das Zuhause - bis es weiter bergab geht. Stets begleitet wird der Verein von seiner glorreichen Vergangenheit, von großen Erwartungen und von finanziellen Nöten – weil beispielsweise in der Glanzzeit für 843.000 Mark Handgelder keine Lohnsteuer bezahlt worden ist, werden fünf Funktionäre wegen Steuerhinterziehung angeklagt. Das alles macht den Trainerstuhl an der Badstraße zum Schleudersitz. 

Vergleichsweise Kontinuität herrscht 1998 bis 2001 mit dem ehemaligen Nationaltorhüter Eike Immel. Der übernimmt in der Verbandsliga, schafft den Aufstieg in die mittlerweile viertklassige Oberliga und träumt von der Regionalliga. Doch der Verein kann die Spielergehälter nicht überweisen.

 „Wir können einfach nicht unsere Stärke ausspielen, weil das Chaos regiert", sagt Immel im Stimme-Interview – und fliegt Hals über Kopf nach Istanbul. Am 21. März 2001 unterschreibt er einen Vertrag als Co-Trainer bei Besiktas, folgt dem Ruf von Christoph Daum. Der VfR verliert einen Trainer, der gewiss kein Visionär gewesen ist, aber eine Galionsfigur und selbst ein Sorgenkind. Zum Jahresende hat der VfR Altlasten von 500.000 Mark. Ein halbes Jahr später steigt der Verein in die Verbandsliga ab – bis heute ohne Rückkehr.

Die (erste) Fusion

Der VfR ist Geschichte. Aus blanker finanzieller Not geboren, wird am 2. Juni 2003 die Fusion mit dem Landesligisten Heilbronner Spielvereinigung (HSV) unter dem Namen FC Heilbronn rechtskräftig. Die Fusion wird oft als „letzte Chance für den Heilbronner Fußball" bezeichnet. Der Blick geht nach vorne, wobei 85.000 Euro Schulden bei einer Bank und der Berufsgenossenschaft an die düsteren Zeiten erinnern. Ein Jahr später steigt der FCH in die Landesliga ab – bis heute ohne Rückkehr.

Der (vermeintliche) Aufbruch

Nach Annäherungsversuchen in den 60ern, Ende der 90er und 2002/03 stellen am 27. und 28. März 2012 die Vereine FC Heilbronn und FV Union Böckingen die Weichen auf Fusion. Im Meistersaal des Hauses des Handwerks jubeln die Mitglieder des FC Heilbronn: 90,3 Prozent sprechen sich für die Fusion aus, zeitgleich sind es 84,8 Prozent bei den Mitgliedern der Union-Fußballabteilung. Einen Tag später geben 98 Prozent des Gesamtvereins ihren Segen. 

Gerd Kempf, Vorsitzender des FCH, nennt als Etappenziel den Aufstieg in die Oberliga, es gebe für die nächsten drei Jahre ausreichend Geld von Sponsoren: „Wir haben finanziell erstmal Ruhe." Das einstige HSV-Mitglied Waldemar Drewing sagt: „Ich bin froh über den Ausgang. Ich hoffe aber nur, dass diese Fusion nicht so endet wie die letzte zwischen dem VfR und dem HSV.“ Am 20. Juni wird der FC Union Heilbronn ins Vereinsregister eingetragen. Die Hoffnung des früheren HSV-Mitglieds erfüllte sich nicht. 

Der Putsch

Das Bürgerhaus in Böckingen wird am 19. Februar 2016 zum Hexenkessel, Bühne einer Schlammschlacht. „Die alten Gräben zwischen Heilbronn und Böckingen sind offenbar tiefer denn je", ist in der Stimme zu lesen. Der Verein hat 45.000 Euro Schulden, sportlich geht es nach den drei Vizemeisterschaften von 2012 bis 2015 nicht voran. Fußball-Urgesteine berichten, noch nie so eine Schlammschlacht erlebt zu haben. Anwesende sprechen von einem Putsch. Unionisten machen Gerd Kempf als Ersten Vorsitzenden für die Misere verantwortlich - mit Folgen. Am Ende des denkwürdigen Abends wird Kempf überraschend abgewählt und mit Werner Menold ein alter Bekannter sein Nachfolger. Beide waren einst Baumeister der Fusion, Menold zudem zweiter Vorsitzender des FC Union - bis er im Sommer 2015 zurücktrat. Jetzt kommt es zur Rückkehr von Menold. Zumindest offiziell hatte er sich erst nach der Abwahl Kempfs zur Wahl gestellt. 

Die Ankunft ganz weit unten


Am 3. Juni 2017 kommt der FC Union Heilbronn am tiefsten Punkt an. Nach nur sechs Punkten in der Rückrunde ist mit einer 0:1-Niederlage bei der SGM Meimsheim am letzten Bezirksliga-Spieltag der Abstieg in die Kreisliga A amtlich. Zuletzt spielte das Heilbronner Team unter seinem Interims-Trainerduo Marcus Montes und Robert Stubert guten Fußball, blieb aber glücklos. 

Was das nun bedeutet? Zweittiefste statt zweithöchste Spielklasse.