Eindrücke aus einem geplagten Land

Projektbesuch YWCA Haiti von Werner Stahl und Irène Hofstetter

Haiti ist mit ca. 10,4 Millionen Einwohnern ein eher kleines Land und das ärmste des Amerikanischen Doppelkontinents. Seit Jahrzehnten leidet Haiti unter Armut und allen damit verbundenen Problemen wie Gewalt, Korruption und ungenügende Bildung. Die ausgesprochen junge Bevölkerung, ca. 70% sind jünger als 30 Jahre, hat kaum Perspektiven. Darüber suchen immer wieder Naturkatastrophen das Land heim und zerstören den schleppend voran gekommenen Aufbau. Beispielsweise das Erdbeben im Jahr 2010 bei welchem etwa 1,5 Millionen Menschen ihr Hab und Gut verloren und das Land noch tiefer in den Abgrund stürzte. Oder auch Hurrikan Matthew, in welchem letztes Jahr mindestens 330 Menschen ihr Leben verloren. 

Insbesondere junge Frauen und Mädchen leiden unter den Missständen. Viele werden sexuell missbraucht, dürfen nicht zur Schule gehen und glauben, dass diese Ausbeutung und Benachteiligung normal sei. Hier setzt Horyzon zusammen mit ihrem Partner in Haiti an. Die jungen Frauen und Mädchen erhalten regelmässigen Unterricht und werden professionell betreut. Die Treffen an einem sicheren Ort (Youth Center) und der Austausch bestärkt die Begünstigten darin, das Gelernte anzuwenden und an Netzwerkanlässen und weiteren Trainings teilzunehmen. Ihr zielgerichtetes Agieren fördert ihr Selbstvertrauen und lässt sie zu Führungspersönlichkeiten heranreifen.

Vor zwei Jahren, mit dem Start des Engagements von Horyzon in Haiti, war Werner Stahl das erste Mal vor Ort, um sich die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzuschauen. Nun, gut zwei Jahre später, waren Irène Hofstetter und Werner Stahl zum zweiten Mal zu Besuch und schildern hier ihre Eindrücke.

Bereits bei der Autofahrt vom Flughafen Port-au-Prince zum YWCA Zentrum fällt auf, wie die Menschen versuchen, sich unter den schwierigsten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Bedingungen selbst zu helfen. Sie betreiben Kleinhandel auf der Strasse, transportieren schwerste Lasten mit Handkarren, versuchen sich in Staub, Lärm und Hitze sauber zu halten und das Zusammenleben so positiv wie möglich zu gestalten. 

Es ist eine Wohltat, nach dem vielen Hupen und den Löchern in der Strasse in die ruhige Atmosphäre des YWCA Zentrums einzutauchen. Die einfache, liebevolle Gestaltung, die Sauberkeit und die herzlichen, kompetenten und äusserst professionellen Mitarbeiterinnen überzeugen. Die Qualität und die Wirkung der Arbeit erkennt man vor allem an der Entwicklung der Teilnehmerinnen.

„Bei meinem Besuch vor zwei Jahren erlebte ich sie als scheue, unselbständige oder verhaltensauffällige Mädchen. Sie haben sich zu gesunden, kecken und fröhlichen jungen Frauen entwickelt, welche als Gruppenleiterinnen und in ihren Familien Verantwortung übernehmen und als Autoritäten anerkannt sind." - Werner Stahl, Geschäftsleiter Horyzon

Dank vertrauensvollen Beziehungen der YWCA-Fieldworkerinnen zu den Bewohnerinnen und Bewohner der Armenquartiere, können die Mädchen die Gäste zu Fuss durch den Slum zu ihren Behausungen führen. Die menschenunwürdigen, perspektivlosen Verhältnisse in denen diese Menschen leben, machen betroffen.

Oft ist die von YWCA angebotene Mahlzeit die einzige am Tag für die Teilnehmerinnen.

Die Unterstützung von Horyzon in Haiti basiert auf drei Grundpfeilern: 

- Youth Center: Im Youth Center gibt es schulischer Nachhilfeunterricht, persönliche und fachlich professionelle Betreuung und Ausbildung zu Themen wie Sexualität, Gewalt und Gesundheit und Rechte, warme Mahlzeiten.

- Espas Pa Mwen: 200 Mädchen ab 15 Jahren erhalten an schulfreien Tagen Unterricht, eine warme Mahlzeit und können an Workshops und Freizeitaktivitäten teilnehmen. Sie bauen Grundschul- und Gesundheitswissen auf. Zudem findet jährlich ein Sommercamp für 120 Mädchen statt.

- Leadership Academy: Psychologische Betreuung, Traumaarbeit, Workshops zu Themen wie Umwelt, Ethik, Menschenrechte, geschlechtsbezogene Gewalt, sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte, HIV/AIDS, Führung und Selbstachtung.

Immer wieder erstaunt, wie engagiert und lernbegierig die Teilnehmerinnen des YWCA Programms sind und es ist schön von ihren Angehörigen zu hören, dass sie die Mädchen zu selbstbewussten Persönlichkeiten entwickeln, die ihr eigenes Leben und ihr Umfeld positiv beeinflussen.

„Diese Frauen sind echte Lichtblicke in einem aus unserer Sicht „hoffnungsarmen" Land und Vorbilder für die Mädchen im Programm.“ - Werner Stahl

Die meisten der Mädchen kommen aus zerrütteten Verhältnissen. YWCA übernimmt oft die Funktion der Eltern in Bezug auf Ernährung, Sicherheit, Aufklärung oder Ausbildung und versucht die Familien mit ins Programm einzubinden. Oft ist die von YWCA angebotene Mahlzeit die einzige am Tag für die Teilnehmerinnen.Dank des qualifizierten, langfristigen Programms und des ausgezeichneten Netzwerks der YWCA-Verantwortlichen konnten bereits mehrere Teilnehmerinnen eine externe Weiterbildung besuchen oder qualifizierte Arbeit finden.

Nebst all den berührenden Momenten sitzen Werner Stahl und Irène Hofstetter auch im Büro mit den Verantwortlichen von YWCA Haiti. Sie besprechen Wirkungsmessung, Budget, Detailplanung, Evaluation und vieles mehr. „Und was uns speziell freut, wir haben einen Unterstützungsvertrag über 3 Jahre abgeschlossen," sagt Irène Hofstetter.

Horyzon unterstützt das Projekt von YWCA Haiti 2017-2019 mit jährlich CHF 150'000 inkl. Begleitkosten. Alles zum Projekt in Haiti, zu Horyzon und vieles mehr auf der Horyzon Website: horyzon.ch

Fotos: ©Werner Stahl und Irène Hofstetter