BORN TO FLOW

Der Bornbach

Zu Fuß und mit dem Fahrrad entlang einem der ökologisch wertvollsten Bäche der Lüneburger Heide

INKA LYKKA KORTH / Texte / Fotos / Videos

Am Südrand der weiten Ebene des von der Saale-Eiszeit planierten Uelzener Beckens, schlängelt sich ein von Erlen, Espen und Weiden gesäumter Bach durch die Landschaft, der subjektiv betrachtet zu den schönsten, objektiv betrachtet zu den ökologisch wertvollsten Bächen der Lüneburger Heide zählt. Das Wasser ist so klar und sieht so sauber aus, dass wir es ohne Bedenken trinken würden, und es plätschert so munter und geräuschvoll wie das eines Gebirgsbachs – ein gar nicht so abwegiger Vergleich, wird doch dieser kleine Heidebach tatsächlich von Wasser gespeist, das aus dem Hang eines veritablen Gebirgszugs austritt, als der sich der Lüß im Bereich der Sprakensehler Endmoränen zwischen Bokel im Landkreis Gifhorn und Stadensen im Landkreis Uelzen zumindest aus der Perspektive eines Bewohners der nordwestdeutschen Tiefebene darstellt. Auf dem kiesigen Grund liegen hier und da einzelne, größere Steine, die das Wasser umlenken und es hüpfen lassen, und manchmal stellt sich dem Wasser auch gleich eine ganze Gruppe von Steinen in den Weg und wird zur kleinen Stromschnelle. Ja, so soll ein Bach sein: Nicht träge und einschläfernd dahinfließend, sondern voller Dynamik, voller Lebensfreude, geboren um zu fließen – born to flow, yeah! Das englische Wort born ist durchaus passend, verweist doch die gleichlautende deutsche Bezeichnung Born auf eine Quelle oder, etwas poetischer ausgedrückt, die Geburtsstätte eines Bachs.

Zwölf Kilometer lang ist der Bornbach, der südwestlich von Nienwohlde seinen Ursprung hat und bei Niendorf II in die Stederau mündet, die im Veerßener Wald, zwei Kilometer vor dem Stadtzentrum von Uelzen, durch den Zusammenfluss mit der Gerdau die Ilmenau bildet. Seit 2008 ist ein 283 Hektar großer Bereich des Oberlaufs als Naturschutzgebiet vor menschlichen Eingriffen gesichert. Das bedeutet jedoch nicht, dass Menschen hier keinen Zuttritt haben. Im Gegenteil: Größtenteils verlaufen Wege parallel zum Bach, und über zahlreiche kleine Brücken gelangen nicht nur Land- und Forstwirte, sondern auch Wanderer und Radfahrer von einem Ufer zum anderen.

Wir haben den Bornbach sowohl zu Fuß als auch mit unseren Mountainbikes erkundet. Die Räder mit grobstolligem Profil haben wir deshalb gewählt, weil es auf den Wegen in Bachnähe gerade jetzt im Herbst feucht und rutschig sein kann. Außerdem bieten die dicken Reifen auch auf Waldwegen mit Wurzeln und Steinen mehr Komfort.

Auf dem Weg von Nienwohlde zum Bornbachtal

Um zu den Ausgangspunkten beider Touren zu kommen, sind wir mit dem Auto in Nienwohlde auf die Straße Am Försterberg abgebogen. Außerhalb des Dorfes gabelt sich die Straße. Bei der Anfahrt zur Wanderung haben wir uns dort links gehalten, bei der Anfahrt zur Radtour rechts. 

Auf der 13,7 Kilometer langen Wanderung konzentrierten wir uns auf das Quellgebiet des Baches, wo es früher etliche Fischteiche gab, unter denen allerdings die Wasserqualität des Bornbachs litt. Was nach dem Rückbau von den Teichen übrig geblieben ist, präsentiert sich heute als eine Ansammlung von Feuchtbiotopen im Wald. Seitdem die Teiche nicht mehr bewirtschaftet und die Ufer nicht mehr gemäht werden, haben sie sich naturnah entwickelt, und nur noch die rechteckige Form lässt erkennen, dass es sich um künstlich angelegte Gewässer handelt.

An mehreren Brücken informieren Schautafeln über die Renaturierung des Bornbachtals und das Leben im Bach.

Neben der Brücke an der Neumühle steht eine Schautafel, die ausführlich über sämtliche Renaturierungsmaßnahmen im Naturschutzgebiet informiert und auch die Bachbewohner vorstellt, zum Beispiel die Groppen und Bachneunaugen. 

Der Mühlenstandort ist seit 1696 urkundlich belegt, aber es wird davon ausgegangen, dass es am Bornbach schon im Mittelalter eine Mühle sowie eine kleine, um 1200 wüst gefallene Siedlung gegeben hat. Die Neumühle wurde Anfang der 1980er Jahre stillgelegt. Der Anfang des 19. Jahrhunderts errichtete Fachwerkbau wird heute als Wohnhaus genutzt.

Von der Neumühle ist es nur eine kleine Wegstrecke bis zum Naturwald im Alten Gehege. Dort wird der Wald nicht mehr bewirtschaftet und Totholz nicht entfernt, und so gibt es dort neben kleinen Tümpeln und Wasserläufen unter großen Buchen auch einige Stämme abgestorbener Bäume zu entdecken, die mit Baumpilzen geradezu übersät sind. Wir fühlen uns ein wenig wie in einem Märchenwald.

Während wir auf der Radtour (22 Kilometer) unten am Bach bleiben, am linken Bachufer bis kurz vor Borne fahren, dort den Bach überqueren und dann über Stadensen, Kallenbrock und Nienwohlde zurück zum Ausgangspunkt gelangen, bauen wir in unsere Wanderung auf dem Rückweg noch eine kleine »Bergetappe « ein. 

Beim Aufstieg vom Bornbachtal hinauf zum Mönchsteich am Försterberg und dann linkerhand weiter zum ehemaligen Marienblick – von dort konnten wir als Kinder noch bis zum Kirchturm von St. Marien in Uelzen gucken – kommen wir uns vor, als würden wir in einem Mittelgebirge wandern und nicht auf einem eiszeitlichen Höhenrücken im Flachland. Anstelle der alten, morschen Bank, von der aus man früher, als die Bäume klein waren und noch nicht die Sicht versperrten, den weiten Blick genießen konnte, gibt es, nur wenige Meter entfernt, eine neue am Weg von Nienwohlde nach Breitenhees. 


Wir folgen diesem Weg ein kleines Stück bis zur Sternkreuzung mit Findling – fünf Wege treffen dort aufeinander – und nehmen dann den Weg in südöstliche Richtung, der uns in einem sanften Abstieg wieder hinunter zum Bornbachtal führt, wo wir an der Brücke im Quellgebiet das Auto geparkt haben.

Die bebilderte Karte zu unserer Radtour finden Sie hier:


Und hier die Karte zu unserer Wanderung:


Bei komoot haben wir neben den Tourenkarten auch die GPS-Tracks zu den beiden Touren zum Download hinterlegt.