Da kommt was 
ins Rollen ...

Ein Startup am Südrand der Südheide bringt Elektroroller auf die Straße und setzt dabei auf Direktimport und Direktvertrieb

INKA LYKKA KORTH / Text / Fotos / Video

In den fernöstlichen Metropolen sind sie längst millionenfach unterwegs und haben die stinkenden, knatternden Zweitakt-Mopeds weitgehend von den Straßen verdrängt: Elektroroller gehören dort zu den beliebtesten Fortbewegungsmitteln, während sie hierzulande noch Exotenstatus haben. Doch das könnte sich bald ändern. Die Verkaufszahlen steigen von Jahr zu Jahr, obwohl das Fahrzeugangebot in diesem Segment noch sehr übersichtlich ist. Wer sich für einen Elektroroller interessiert und danach googelt, findet lediglich eine Handvoll Anbieter. Einer davon – offenbar der mit den meisten zufriedenen Kunden – hat seinen Sitz am Südrand der Südheide. In Meinersen oder, genauer gesagt, im Ortsteil Seershausen. Von dort aus werden Elektroroller unter dem Markennamen »Trinity« – so heißt auch das Startup – in ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland verkauft. Der Name »Trinity« (englisch für Dreifaltigkeit) hat in diesem Fall keinen religiösen Hintergrund, sondern verweist zum einen auf das Gründertrio und soll zum anderen die drei hervorstechenden Eigenschaften eines Elektrorollers zum Ausdruck bringen, die Geschäftsführer Reinhold Richert so auf den Punkt bringt: »hoher Wirkungsgrad, niedrige Betriebskosten, sehr umweltfreundlich«.

Der 34 Jahre alte Betriebswirt, der den Beruf des Industriekaufmanns bei Butting in Knesebeck (Edelstahlrohre) erlernt hat, sieht Elektroroller nicht in Konkurrenz zu Elektrofahrrädern, sondern als Alternative zum Zweitwagen und als Ersatz für Zweiräder mit Verbrennungsmotoren. Bei Preisen, die teilweise unter denen handelsüblicher Elektrofahrräder liegen, dürfte allerdings die Verlockung groß sein, statt eines Pedelecs lieber einen stärker motorisierten Elektroroller anzuschaffen. Qualitativ hochwertige und vor allem umweltverträgliche Fahrzeuge »zu vernünftigen Preisen« anzubieten, war von Beginn an das erklärte Ziel des Jungunternehmers. Dieses Ziel erreicht er durch Direktimport und Direktvertrieb der Fahrzeuge. Da die Handelsmargen wegfallen, könne er die Preise für die Endkunden niedrig halten, erläutert Richert. Wer einen Roller der Marke »Trinity« kaufen möchte, geht also nicht zum Zweiradhändler, sondern bestellt ihn im Internet. Damit niemand das Gefühl hat, die »Katze im Sack« zu kaufen, können nicht nur am Firmensitz in Meinersen, sondern überall in Deutschland Probefahrten vereinbart werden. Richert sammelt die Anfragen, sortiert sie nach Regionen und fährt mit einem Transporter voller Roller dorthin, wo die potenziellen Kunden wohnen und lässt sie die Fahrzeuge vor der eigenen Haustür ausprobieren. Ein großer logistischer Aufwand für die kleine Firma, aber einer, der sich offenbar lohnt. Nach der Aufbauphase peilt Richert in diesem Jahr erstmals die Gewinnzone an.

Wie kam er überhaupt auf die Idee, in das Geschäft mit Elektrorollern einzusteigen? Naja, sagt er, eigentlich sei es ganz anders geplant gewesen. Als leidenschaftlicher Enduro-Fahrer trieb ihn der Gedanke um, ein Geländemotorrad mit lautlosen Motor haben zu wollen, um bei Touren auf Feld- und Waldwegen nicht den Zorn der Landwirte und Förster auf sich zu ziehen. Also kaufte er einen alten Moped-Rahmen und bastelte daraus eine Elektro-Enduro. Die erwies sich aber als zu schlapp. Von Fahrspaß konnte keine Rede sein, und das Projekt wurde auf Eis gelegt. Im Gespräch mit einem Bekannten aus der Entwicklungsabteilung von VW, der beruflich zeitweise in China zu tun hatte, erhielt Richert den Tipp, sich doch einmal in China umzuschauen, wo Zweiräder mit Elektromotor schon seit Jahren zum Straßenbild gehören. Der Techniker vermittelte ihm sogleich den Kontakt zu einem Arbeitskollegen, der aus Shanghai stammt, der größten Industriestadt in China. Das war im Jahr 2012. Das Trio begründete eine lose Zusammenarbeit und sondierte den chinesischen Markt. Recht schnell stellte sich dabei heraus, dass es auch dort (noch) keine technisch ausgereiften Geländemotorräder mit Elektroantrieb gab, dafür aber umso mehr Elektroroller. Für den Anfang auch nicht schlecht, sagte sich das Trio und packte die Koffer. Auf einer ersten China-Reise im Juli 2013 wurden 15 Hersteller besucht. »Da war alles dabei, vom kleinen Hinterhofschrauber bis zum Großunternehmen mit Marmorfußboden in der Empfangshalle«, amüsiert sich Richert rückblickend. »Ohne unseren chinesischen Kollegen wäre ich auf der Rundreise aufgeschmissen gewesen.« Von den 15 Herstellern auf der Liste kamen letztendlich drei in die engere Wahl. Muster wurden geordert und geprüft, woraufhin zwei weitere Hersteller aus dem Rennen waren und nur noch einer übrig blieb, der den hohen Qualitätsanforderungen der Deutschen entsprach und für seine Roller eine sogenannte EEC-Zulassung vorweisen konnte, die es erlaubt, die Fahrzeuge in Europa auf die Straße zu bringen. Zurück in Meinersen, wurde eine kleine Modellpalette von unterschiedlich stark motorisierten Rollern zusammengestellt und die Trinity electic vehicles GmbH gegründet. Die »Trinity«-Roller sind nach Planeten benannt – zurzeit sind die Modelle Venus, Uranus, Neptun und Jupiter im Programm. Lediglich der Lastenroller (z.B. für Pizzabringdienste) heißt schlicht »Delivery«.

Kunden können nicht nur zwischen verschiedenen Endgeschwindigkeiten – 25, 45, 75 und 95 km/h –, sondern auch zwischen drei verschiedenen Akkugrößen wählen, die zum Beispiel beim »Uranus« Reichweiten von mindestens 61, 85 und 107 Kilometern ermöglichen. Während andere Anbieter gerne mit maximalen Reichweiten protzen, die im praktischen Alltagseinsatz der Fahrzeuge selten erreicht werden, gehört es zur Firmenphilosophie von »Trinity«, lieber tief zu stapeln und mit minimalen Reichweiten zu arbeiten. »Durch den Direktvertrieb über das Internet können wir uns keine Reklamationen erlauben«, sagt Richert. Deshalb sei es auch so wichtig, bei der Auswahl der Hersteller auf gute Qualität zu setzen.

Auf der Internetseite kann sich jeder Interessent die jährliche Ersparnis im Vergleich zu einem Fahrzeug mit Benzinmotor ausrechnen lassen, und da kommen schon einige hundert Euro im Jahr zusammen. Außer dem gegenüber dem Benzinpreis deutlich günstigeren Strompreis muss auch noch berücksichtigt werden, dass erheblich geringere Wartungskosten anfallen. »Ein Elektroroller hat nur eine einzige Betriebsflüssigkeit: die Bremsflüssigkeit«, sagt Richert. Außerdem gebe es weder Zündkerze noch Antriebsriemen. In die Werkstatt müsse ein Elektroroller deshalb eigentlich nur zum Wechseln der Reifen und der Bremsbeläge. Dennoch gibt es einen Wartungsplan, der – schon allein der Garantie wegen – regelmäßige Inspektionen vorsieht. Kunden, die nicht im Umkreis von Meinersen wohnen und dort ihre Roller inspizieren lassen können, steht ein immer dichter werdendes Netz von Vertragswerkstätten zur Verfügung. Für Reinhold Richert sind die vergleichsweise geringen Betriebskosten (61 Cent auf 100 km bei einem Strompreis von 22 Cent/kWh) und die einfache Handhabung – »so einfach wie die eines Küchenmixers« – allerdings nicht die Hauptargumente für den Kauf eines Elektrorollers. »Wenn man bedenkt, dass bei einem Zweitakter sieben Mal mehr Abgase aus dem Auspuff gepustet werden als bei einem Zwölftonner-Lkw«, sollte die Entscheidung doch eigentlich klar zu Gunsten des umweltfreundlicheren Fahrzeugs fallen, meint er. Den Traum von einer Elektro-Enduro hat er übrigens nicht begraben, sondern nur zurückgestellt. Jetzt gehe es erst einmal um die Roller. »Aber wir tüfteln mit unseren chinesischen Partnern bereits an einem Motorrad.« Da trifft es sich gut, dass der chinesische Kollege aus Wolfsburg inzwischen wieder zurück in Shanghai ist und im direkten Kontakt zum Hersteller steht.

Ohne Lärm und Abgase durch 
die Landschaft flitzen
Calluna-Redakteurin Inka Lykka Korth, die seit vielen Jahren eine große Vespa GTS 300 fährt, genoss das sanfte, lautlose Dahingleiten mit dem agilen, 90  kg leichten Elektroroller.

Unterwegs mit dem »Uranus« 

Wie fährt sich ein »Trinity«-Elektroroller? Reicht die Akku-Kapazität, um auch auf dem Land von A nach B zu kommen? Uns stand das Mittelklassemodell »Uranus« für ausgiebige Probefahrten mehrere Tage zur Verfügung. Vorsichtshalber haben wir den Uranus mit dem größtmöglichen Akku bestellt, damit uns bloß nicht auf freier Strecke der Strom ausgeht. Die Kapazität von 50 Amperestunden (Ah) würde uns eine Reichweite von mindestens 107 Kilometer ermöglichen. Das sollte reichen, um ohne bange Blicke auf die Ladestandsanzeige von Oerrel nach Celle (40 km) oder Uelzen (36 km) und zurück zu kommen. Als wir allerdings das erste Mal das Fach unter der Sitzbank öffnen, fragen wir uns, ob nicht vielleicht doch das mittlere Modell mit 40 Ah/85 km oder sogar nur das serienmäßig verbaute mit 28 Ah/61 km gereicht hätte. Der große Akku ist ein wahres Monstrum, und wir staunen, dass der überhaupt Platz in dem Roller findet. Etwa 20 kg bringt er auf die Waage und füllt den Raum unter der Sitzbank nahezu komplett aus. Mit dem kleinsten Akku steht dagegen ein für einen Jet-Helm ausreichend dimensioniertes Helmfach zur Verfügung. Der massive Metallkasten, in dem die Akkuzellen stecken, verschwindet in dem Fach darunter und kostet somit keinen Stauraum – eine viel elegantere Lösung – und eine kostengünstigere obendrein. Mit dem mittelgroßen Akku steigt der Kaufpreis des Rollers um 500 und mit dem ganz großen Akku um 780 Euro. Nach etlichen Probefahrten würden wir den großen Akku nur Pendlern empfehlen, die jeden Tag 80 bis 100 Kilometer zurücklegen und zwischendurch keine Möglichkeit haben, den Akku aufzuladen. Aber wer will schon mit einem Roller der 45 km/h-Klasse so lange Strecken zurücklegen? Wir würden den Roller lieber mit dem kleinen Akku bestellen und uns für 115 Euro Aufpreis das optional erhältliche Schnellladegerät gönnen, das die Ladezeit halbiert. Wir könnten dann den Akku samt Ladegerät ins Büro oder bei einer sonntäglichen Ausflugsfahrt ins Café mitnehmen und dort für ein Trinkgeld um etwas Strom bitten. Die beiden größeren Akkus sind viel zu schwer, um sie mit sich herumzutragen. Sie werden möglichst direkt im Fahrzeug aufgeladen, am besten über Nacht in der Garage.

Wir nennen den großen Akku nur noch »Angst-Akku«. Ist die anfängliche Angst, die wohl jeder Elektroroller-Neuling hat, erst einmal überwunden, fährt man durchaus entspannt mit dem Standard-Akku – und für alle Fälle hat man auf längeren Touren das Schnellladegerät an Bord. 


Warum widmen wir dem Akku so viel Aufmerksamkeit? Weil jede Diskussion über Elektrofahrzeuge letztendlich immer wieder auf das Thema »Reichweite« kommt und die angeblich zu geringe Reichweite gerne als »Totschlag-Argument« gegen den Elektroantrieb vorgebracht wird. Im täglichen Gebrauch stellt sich jedoch schnell heraus, dass dieses Thema völlig überbewertet wird. Stattdessen sollte man lieber die Vorzüge des Elektroantriebs herausstreichen. Er ist nicht nur leise – gerade deshalb drehen sich die Leute staunend nach dem Roller um – und umweltfreundlich und wartungsarm, sondern er ermöglicht ruckelfreies Anfahren und sanftes, vibrationsfreies Dahingleiten, und im Gegensatz zu den Zweitakt-Rollern sind die Stromer die reinsten Sprinter. Allerdings bringt der »Uranus« auch eine Leistung von 3 kW an den Start, die er aus 60 Volt generiert. Andere Hersteller schicken ihre Roller teilweise mit nur 1 kW Leistung ins Rennen. Im Solo-Betrieb ist der »Uranus« kraftvoll und meistert auch kleinere Steigungen ohne nennenswerten Geschwindigkeitsverlust. Mit Beifahrer/in – zwei durchschnittlich große Erwachsene finden auf der Sitzbank bequem Platz – stößt der »Uranus« allerdings wie jeder andere Roller der 45er Klasse an seine Grenzen.

Die hydraulischen Scheibenbremsen – in dieser Fahrzeugklasse keine Selbstverständlichkeit – und die straffe und dennoch komfortable Fahrwerksabstimmung sind tadellos. Sowohl am Geradeauslauf als auch am Kurvenverhalten gibt es nichts auszusetzen. Die Kenda-Reifen sind besser als ihr Ruf. Die Beleuchtungsanlage entspricht dem, was man heutzutage erwarten darf, und die auf Knopfdruck ausklappbaren Beifahrer-Fußrasten sind ebenso wie die stabile Topcase-Halterung aus Metall gut durchdachte Details, mit denen der Roller zusätzliche Punkte sammelt. Unbedingt empfehlenswert ist der aufpreispflichtige (+75 Euro) programmierbare Controller, der es erlaubt, die beiden mit einem Schalter wählbaren Fahr-Modi in einem gewissen Rahmen den individuellen Bedürfnissen anzupassen.

ber gibt es denn gar keinen Kritikpunkt? Doch, einen einzigen: Etwas gestört hat uns das dünne Kunststoffkleid. Da klappert zwar nirgendwo etwas, und von weitem hat der Roller auch ein hochwertiges Erscheinungsbild, aber von Nahem wirken insbesondere die unlackierten Kunststoffteile, vor allem die Klappe des abschließbaren Handschuhfachs, etwas fragil. Allerdings sind wir in dieser Hinsicht wahrscheinlich zu verwöhnt. Unsere Vespa hat eine selbsttragende Stahlblech-Karosserie. FAZIT Der »Uranus« ist ein technisch ausgereifter, insgesamt gut verarbeiteter Roller im angesagten Retro-Look mit gutem Platzangebot auch für groß gewachsene Fahrer/innen. Der serienmäßige 28 Ah Akku hat für Stadt- und Überlandfahrten bis 60 km ausreichend Kapazität. Für längere Touren empfiehlt sich die Mitnahme des optional erhältlichen Schnellladegerätes. Die Verkleidungsteile aus Kunststoff könnten etwas hochwertiger sein, trüben aber kaum den guten Gesamteindruck, und preislich attraktiv ist dieser Roller allemal. Mit 2700 Euro kostet er nicht mehr als ein gutes Elektrofahrrad. INFO www.trinity-electric-vehicles.de