Dieser Karneval ist anders

Nach den Übergriffen an Silvester
sind viele Menschen vor den 
Karnevalsumzügen besonders 
angespannt. Geht die Angst 
im Umzug mit?

Der Rosenmontagsumzug in Recklinghausen steht in diesem Jahr unter besonderen Vorzeichen. Die Vorfälle in der Silvesternacht in Köln und anderswo haben bei vielen Menschen Spuren hinterlassen. Das Sicherheitsgefühl ist beeinträchtigt. Eine Absage des Umzugs kam aber zu keiner Zeit infrage. Den Spaß wollen sich die Karnevalisten nicht nehmen lassen.

Daher bemühen sich Veranstalter, Kommunen und Polizei darum, das Vertrauen der Besucher zu gewinnen. In Recklinghausen setzt Zugleiter Christoph Graczyk vom Carnevalkomitee Vest-Recklinghausen (CVR) auf das bewährte Sicherheitskonzept, das im Laufe der Vorbereitung - in Absprache zwischen Veranstalter, Polizei und Ordnungsamt - jährlich angepasst und laufend verfeinert wird. Seit dem Unglück bei der Loveparade gehört das Sicherheitskonzept bei Großveranstaltungen zur Routine.

Die Polizei ist nach den jüngsten Vorfällen besonders sensibilisiert. Daher greifen auch hier zusätzliche Maßnahmen, wie Polizeisprecher Michael Franz erklärt.

Der Streckenverlauf in Recklinghausen:

Angst: Das Herz beginnt zu rasen. 
Die Atmung wird schneller. 
Schweiß tritt aus den Poren. 

Foto: dpa

Der Umzug am Rosenmontag lockt bis zu 100.000 Menschen auf Recklinghausens Straßen. Da kann es eng werden. Raum für Ängste. Angst, sagt Dr. Luc Turmes, ärztlicher Direktor des Westfälischen Zentrums für Psychiatrie und Psychotherapie, sei in vielen Situationen normal. Ohne sie werden Menschen nicht alt. 

In einem gewissen Maß ist Angst gesund

Ein Patentrezept, um ohne Angst zu leben, gibt es also nicht. In Köln greift die Polizei auf mobile Beleuchtungsanlagen zurück, um dunkle Ecken zu verringern. Es gibt besondere Schutzräume für Frauen. Doch lassen sich solche Faktoren, die das Sicherheitsgefühl verändern, nicht nur von der Polizei oder einem Sicherheitskonzept beeinflussen. Schließlich könnten sich auch die Besucher auf Großveranstaltungen vorbereiten, so Turmes. Doch wie gelingt der Balanceakt zwischen natürlicher Vorsicht auf der einen Seite und krampfhafter Angst auf der anderen Seite?

Sichere Wege, mehr Personal: Nach Silvester machen vielen Menschen besonders Flüchtlinge oder Menschen, die so aussehen, als stammten sie aus Nordafrika Angst - und sei es nur unterbewusst. Anstatt den Stab über den Flüchtlingen zu brechen, sind die Beteiligten optimistisch. Dem Karnevalsumzug könnte eine besondere Funktion in der Integration zukommen. 

Kulturaustausch im Karneval: Klappt die Integration am Rosenmontag?

In Rheinberg wurde der örtliche Karnevalsumzug abgesagt - es fehlte ein umfangreiches Sicherheitskonzept und der Zug sollte an einer Flüchtlingsunterkunft vorbeiziehen. Die Verbindung zu den Kölner Vorfällen war in der öffentlichen Meinung schnell hergestellt. Ist das Kulturgut Karneval durch den Zuwanderungsstrom bedroht? Mitnichten.

Inzwischen wollen der Karnevalsverein in Rheinberg und die Flüchtlinge gemeinsam feiern. "Keine 'Jetzt-erst-recht-Party', wie wir es als erste Reaktion gesagt haben, sondern einfach eine schöne bunte Party in unserem Zelt", sagte Paul van Holt, Präsident des 1. Orsoyer Karnevals-Komitees der Rheinischen Post.

Auch in Recklinghausen wollen die Veranstalter die Flüchtlinge mit ins Boot - und langfristig mit auf die Wagen - holen. Die Vereine seien schon heute durch verschiedene Nationen geprägt, wie Julia Donnepp und Hildegard Seidel von den "Altstadtblüten" erzählen. 

Worauf Karnevalisten 
zur eigenen Sicherheit
achten sollten

Foto: dpa

Integration ist das Eine. Sicherheit das Andere. Trotz der Integrations-bemühungen ist bei Großveranstaltungen grundsätzlich Vorsicht geboten - nicht nur wegen der nie zuvor beobachteten Übergriffe in Köln. Polizeisprecher Michael Franz hat ein paar Tipps parat.

Ganz nüchtern werden am Rosenmontag wohl nur wenige Narren bleiben. Sie lassen sich das Feiern nicht vermiesen. Auch die "Altstadtblüten" freuen sich schon jetzt auf den Umzug. Sie sind bereit für Rosenmontag. 

Eine Multimedia-Reportage vom Medienhaus Bauer. An der Umsetzung beteiligt waren Oliver Körting, Randolf Leyk, Peter Möller und Stephan Rathgeber. Mit Material von dpa und Dirk Malessa.

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