No lost generation

Unterstützung für syrische Flüchtlinge

Khaled Al Aboud (60) und seine Frau Sobhye haben es auf ihrer Flucht aus Syrien gerade mal bis Halba im Norden Libanons, nah der Grenze, geschafft. Khaled kann kaum laufen und auch seine Frau hat gesundheitliche Probleme. Ihre zwei Söhne – 16 und 18 Jahre alt – halten sich mit Gelegenheitsjobs in der Landwirtschaft über Wasser, eine Ausbildung ist nicht in Sicht. Und trotzdem: im Gegensatz zu vielen anderen in die Nachbarländer Syriens geflohenen Menschen ist für sie die teure und körperlich anstrengende Flucht über das Mittelmeer und den Westbalkan keine Option.

Die Flucht ist keine Option

Khaled und Sobhye Al Aboud leben in einem inoffiziellen Flüchtlingslager in Halba, Libanon; Quelle: Siva Jamal, World Food Programme 

Insgesamt hat der Syrien-Konflikt mit über 25 Millionen betroffenen Menschen die größte humanitäre Krise seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst, mit langfristigen Folgen auch über die Region hinaus. Offiziell sind 4,3 Millionen Menschen in die Nachbarländer geflüchtet, in Syrien selbst sind 13,5 Millionen auf Hilfe angewiesen. In Deutschland führen laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Syrer im Jahr 2015 die Liste der insgesamt 476.649 Antragsteller an. 

In der Anfangszeit nach ihrer Flucht in Nachbarländer hofften viele auf die Rückkehr und eine Zukunft in einer Post-Assad-Ära – diese Hoffnung ist dahin. Gleichzeitig ist beispielsweise das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) dramatisch unterfinanziert, Nichtregierungsorganisationen klagen über mangelnde Spendenbereitschaft für syrische Flüchtlinge. Das Welternährungsprogramm (WEP) musste sogar 2015 die Höhe der monatlichen Lebensmittelgutscheine reduzieren: auf gerade einmal 19 US-Dollar im Monat.

115 Millionen Euro für Bildung und den Schutz von Kindern 

Kinder im Flüchtlingslager Azraq in Nordjordanien; Quelle: Helmut Asam, KfW Bankengruppe (2)

Deutschland gilt dabei als sehr verlässlicher Beitragszahler. Vor dem Hintergrund der jedoch insgesamt schleppenden Einzahlungen der internationalen Geber für das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und das World Food Programme (WFP) hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Anfang November seine Unterstützung für Jordanien, den Libanon, die Türkei, den Irak, aber auch für die notleidende Bevölkerung in Syrien noch einmal aufgestockt. Kurzfristig wurde ein Winterpaket über 115 Millionen Euro mobilisiert und bis Ende Dezember über den Geschäftsbereich KfW Entwicklungsbank umgesetzt. Das Geld wird vor allem für Bildung und den Schutz von Kindern eingesetzt. Erstmals erhalten in diesem Zuge auch syrische Flüchtlinge in der Türkei Unterstützung.

Insgesamt hat die KfW Entwicklungsbank im Auftrag des BMZ damit allein in den Nachbarländern Syriens in den letzten drei Jahren Vorhaben im Umfang von 450 Millionen Euro über verschiedene UN-Organisationen finanziert. Die KfW entwickelt die Programme gemeinsam mit den Vereinten Nationen und begleitet die Umsetzung. Dazu kommen die Projekte, die direkt mit den staatlichen Partnern in den Kooperationsländern der Entwicklungszusammenarbeit umgesetzt werden.

So gehören Khaled und Sobhye Al Aboud sowie ihre beiden Söhne im Libanon  zu den Empfängern einer e-card für Lebensmittel, einer Art Scheckkarte, mit der sie in zwei libanesischen Lebensmittelmärkten in der Nähe einkaufen kann. Davon profitieren nicht nur die Al Abouds, sondern auch die örtlichen Einzelhändler. 

Neben den von e-cards werden auch Schulcontainer und Lehrer finanziert, Infrastruktur instand gesetzt. Dazu gehören Stromleitungen, Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung, Fußballplätze und öffentliche Wege.

Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa, Quelle: pa/picture alliance 

Für 2016 erwartet die KfW Entwicklungsbank einen weiteren Aufwuchs der Mittel und entwickelt neue Ansätze zur Bewältigung der Krise. Ein Schwerpunkt – neben Bildung und Ausbau der Infrastruktur – wird auf der Schaffung von Einkommen und Beschäftigung für syrische Flüchtlinge liegen. Gerade dieser Bereich stellt die Aufnahmeländer vor große Herausforderungen, denn ob im Libanon, in Jordanien oder der Türkei: die Diskussion um Arbeitsplätze für Flüchtlinge, die vermutlich bleiben werden, ist noch ungleich schwieriger als in Deutschland. Gleichzeitig ist dies aber der einzige Weg, den Menschen eine neue Perspektive zu geben.

Denn auch für die beiden Söhne von Familie Al Aboud gilt: Wenn die beiden Jugendlichen im Libanon keine Chance auf Ausbildung und damit eine Zukunft erhalten, dann werden auch sie wohl früher oder später über eine Flucht Richtung Europa nachdenken.

Fotos: Siva Jamal, World Food Programme; Helmut Asam, KfW Bankengruppe